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Wie globale Krisen fossile Energiepreise treiben und warum Erneuerbare Stabilität bieten

Ob Corona-Pandemie, russischer Angriffskrieg auf die Ukraine oder Nahostkonflikt – Krisen beeinflussen die Öl- und Gaspreise weltweit. Wir zeigen, wie sehr unsere Energiepreise von diesen Krisen betroffen sind und warum erneuerbare Energien für Strom und Wärme die einzige Möglichkeit sind, mit der wir uns langfristig von Öl- und Gasstaaten unabhängig machen.
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Aufruhr an den Märkten: der jüngste Ölpreissprung

Als Mitte Juni 2025 der Konflikt zwischen Israel und Iran eskalierte, verteuerte sich Rohöl innerhalb weniger Stunden um rund 5 bis 6  Prozent, zeitweise sogar um fast 13 Prozent im Tagesverlauf. Damit sprang der Ölpreis kurzfristig auf über 80 US-Dollar pro Barrel – der größte plötzliche Preissprung seit Beginn des Ukrainekriegs 2022. Expertinnen und Experten befürchten, dass demnächst wichtige globale Lieferwege (wie die Straße von Hormus) beeinträchtigt werden könnten.

Das hat auch Auswirkungen auf Verbraucherinnen und Verbraucher, denn binnen weniger Tage schlagen solche Ölpreisrekorde erfahrungsgemäß auch an deutschen Tankstellen durch. Deutsche Medien berichteten bereits kurz nach dem Angriff, dass Diesel in Deutschland um 16 Cent pro Liter und E10-Benzin um 14 Cent teurer wurde – eine Tankfüllung kostete somit 7 bis 10 Euro mehr als noch eine Woche zuvor. Wir sehen also: Geopolitische Konflikte können fossile Energiepreise innerhalb kürzester Zeit explodieren lassen, mit spürbaren Folgen für die meisten von uns.

Die Logik geopolitischer Preisschocks

Solche Preissprünge sind kein neues Phänomen. Seit Jahrzehnten reagieren insbesondere Ölmärkte extrem sensibel auf Krisen in Förderregionen. Bereits regionale Konflikte können globale Wellen schlagen, weil Angebotseinbußen oder auch nur die Angst davor die rohstoffabhängige Weltwirtschaft verunsichern. In der Geschichte finden sich zahlreiche Beispiele: Während des Arabischen Frühlings 2011 und durch den Bürgerkrieg in Libyen brach die Förderung um etwa 1,6 Millionen Barrel pro Tag ein. Der Ölpreis kletterte daraufhin monatelang auf über 125 US-Dollar pro Barrel, ein Anstieg um rund 20 bis 30 Prozent.

An deutschen Zapfsäulen machte sich dies deutlich bemerkbar: Kraftstoffpreise stiegen spürbar. Und auch Heizöl verteuerte sich im zweistelligen Prozentbereich. Im Jahr 2022 führte der russische Überfall auf die Ukraine ebenfalls zu einem Ölpreisschock: Aus Furcht vor dem Entfall russischer Exporte stieg der Brent im März 2022 auf 139 US-Dollar und damit ca. 20 Prozent über das Vorkriegsniveau – so hoch wie zuletzt 2008. In der Spitze zahlten deutsche Autofahrerinnen und Autofahrer damals über 2,20 Euro pro Liter Superbenzin (E5/E10) und teils 2,30 Euro pro Liter Diesel – Allzeithochs.

Zwar wurde im Sommer 2022 ein „Tankrabatt“ zur temporären Entlastung eingeführt, doch insgesamt waren die Durchschnittspreise 2022 laut ADAC immer noch rund 30 bis 50 Cent höher als der bisherige Rekord von 2012. Selbst politisch motivierte Eingriffe ins Angebot haben vergleichbare Effekte. Bestes Beispiel ist die Ölkrise 1973: Als arabische Staaten die Ölförderung drosselten, vervierfachte sich der Ölpreis binnen weniger Monate – über 300 Prozent –, weil Händler und Spekulanten bei unelastischer Nachfrage nervös aufkauften. Seither reicht allein die Angst vor Knappheit in einer großen Förderregion, um reflexartig ähnliche Preissteigerungen auszulösen.

Gasmarkt: das Weltgeschehen bestimmt unsere Heiz- und Stromkosten

Noch stärker als beim Öl zeigte sich diese Dynamik beim Erdgas. Insbesondere in Europa stiegen die Gaspreise 2022 enorm. Russland war vor dem Angriffskrieg der größte Gaslieferant Europas – entsprechend heftig schlug der Lieferstopp infolge des Krieges durch. Schon im Herbst 2021 zogen die Gaspreise erstmals stark an. Knappe Speicher und eine höhere Nachfrage ließen den europäischen Großhandelspreis TTF binnen weniger Monate um 255  Prozent steigen. Doch nach dem russischen Angriff 2022 schossen die Notierungen in die Höhe: Im August 2022 überschritt der europäische Gaspreis zeitweise 300 Euro pro MWh. Damit war er 15-mal höher als vor Kriegsbeginn. Selbst im Jahresmittel 2022 lagen die Gas-Großhandelspreise noch um ein Vielfaches über früheren Werten. Erst durch Notfallmaßnahmen wie rasche LNG-Importe (aus denen sich neue Abhängigkeiten ergaben) und Einsparungen entspannte sich die Lage rund um den Gaspreis ab Herbst etwas. Aber noch Ende 2023 kostete Gas mit rund 34 Euro pro MWh weit mehr als historisch üblich.

Warum reagiert der Gaspreis so extrem?

Anders als Öl ist Erdgas weniger flexibel transportierbar (Pipelinebindung, begrenzte LNG-Terminals) und wurde in Europa stark von einem Anbieter dominiert. Wenn ein großer Gaslieferant ausfällt, gibt es sofort zu wenig Gas, weil es kurzfristig kaum möglich ist, auf Gas zu verzichten – etwa beim Heizen, in Kraftwerken oder in der Industrie. 2022 kamen mehrere Effekte zusammen: Russland drosselte die Pipelines, während gleichzeitig alle nach Alternativen suchten. Die Bieterwettkämpfe um LNG-Lieferungen trieben die Preise hoch. Gas ist also besonders krisenanfällig, weil Engpässe direkt zu Versorgungsangst führen und diese Angst wiederum umgehend zu Preissprüngen führt.

Die Auswirkungen für Haushalte und Unternehmen waren erheblich. In Deutschland verzeichneten die Versorger teils Preissteigerungen um mehrere 100 Prozent. Heizkosten explodierten:

Ein Musterhaushalt mit einer Gasheizung (Verbrauch von 20.000 kWh/Jahr) zahlte 2023 im Schnitt 2.319 Euro gegenüber 1.329 Euro vor dem Krieg – ein Plus von 74 Prozent. Auch wer mit Heizöl wärmte, hatte rund 49 Prozent höhere Kosten als zuvor. Insgesamt stiegen die durchschnittlichen Heizkosten in Deutschland um rund 61 Prozent. Auch Strom wurde teurer: Typische Haushalts­tarife kletterten 2023 im Schnitt auf rund 42 Cent pro kWh – etwa 31 Prozent mehr als 2021 (32 Cent).Viele Verbraucherinnen und Verbraucher spürten die Belastung unmittelbar.

Fossile Abhängigkeit als Risiko

Ob Öl oder Gas, die Muster ähneln sich: Fossile Energieträger unterliegen enormen Preisschwankungen, weil ihr Markt von geopolitischen und wirtschaftlichen Faktoren beeinflusst wird. Unsicherheit und Angebotsrisiken haben einen unmittelbaren Effekt. Schon auf Gerüchte über Förderkürzungen oder drohende Sanktionen reagieren die Börsen nervös. Der Grund: Händler preisen erwartete Knappheiten sofort ein, während Verbraucherinnen und Verbraucher mangels Alternativen kurzfristig kaum ausweichen können. Diese Kombination führt zu Volatilität, die nicht nur Volkswirtschaften, sondern auch private Haushalte empfindlich trifft.

Hinzu kommt, dass fossile Energien oft aus politisch instabilen Regionen stammen. Krisen können sich über Nacht auf unsere Energiepreise auswirken. Die Abhängigkeit von globalen Lieferketten bedeutet: Wir importieren auch das Preisrisiko.

Stabilität und Planbarkeit gibt es nur mit Erneuerbaren

Angesichts der beschriebenen Risiken stellt sich die Frage: Wie können wir uns von den Preisschwankungen fossiler Brennstoffe befreien? Die Antwort liegt in der konsequenten Nutzung erneuerbarer Energien. Solar- und Windenergie bieten eine bemerkenswerte Konstanz und Planbarkeit der Stromgestehungskosten, die fossile Energieträger nie erreichen können. Denn: Sonne und Wind schicken keine Rechnung. Die Kosten entstehen hier hauptsächlich beim Bau der Anlagen und bleiben über die Lebensdauer fix.

Zur Veranschaulichung lohnt ein Zahlenvergleich: Moderne Windkraft- und Photovoltaikanlagen erzeugen Strom für rund 0,04 bis 0,09 € pro kWh. Diese Spanne variiert je nach Standort und Anlagentyp, ist aber weitgehend stabil und langfristig sogar rückläufig, da sich Technologie und Effizienz verbessern. Einmal in Betrieb, hängen die Betriebskosten kaum von externen Faktoren ab und es besteht kein „Brennstoffpreis-Risiko“. Eine moderne PV-Anlage wie die von 1KOMMA5° kann beispielsweise über 20 Jahre Strom für 6 ct/kWh produzieren, wobei der Wert je nach Anlagenkonfiguration leicht variiert. Aber: Er ändert sich über diese Dauer und darüber hinaus nicht und bleibt konstant und planbar.

Ganz anders ein Gas- oder Kohlekraftwerk: Dessen Stromkosten steigen direkt mit dem Brennstoffpreis. Auf Basis der Levelized Cost of Electricity (LCOE) – also Kosten pro kWh inklusive Investitions-, Betriebs- sowie Brennstoff- und CO₂-Kosten über die gesamte Anlagen­laufzeit, identisch berechnet wie bei Wind und PV – hätten GuD-Kraftwerke (Gas-und-Dampf-Kombianlagen) bei den Gaspreisen von 2022 Strom nur zu weit über 0,15 €/kWh erzeugen können; selbst unter normalen Marktbedingungen liegen diese LCOE eines neuen Gaskraftwerks typischerweise bei 0,11 bis 0,18 €/kWh – also schon im Minimum höher als bei Wind und PV und nach oben offen. Steigt der Gaspreis, schnellt auch der Stromgestehungspreis dieser Anlagen hoch.

Auch der CO₂-Preis treibt fossile Heizkosten

Heizen verteuert sich nicht nur aufgrund von Weltmarktkrisen, sondern auch durch den stetig steigenden CO₂-Preis. 2025 gilt in Deutschland bereits ein Fixpreis von 55 €/t CO₂ und verursacht Extrakosten von etwa +1 ct/kWh bei Gas und +1,5 ct/kWh für Heizöl, also rund +220 € pro Jahr für einen Haushalt mit Gasheizung und einem durchschnittlichen jährlichen Verbrauch von 20.000 kWh. 

Ab 2026 wird der nationale Preis versteigert (Preiskorridor 55 bis 65 €/t) und geht 2027 in das neue EU-System ETS 2 über, das zwar mit einem weichen Deckel von 45 €/t startet, danach aber marktgetrieben funktioniert. Schon heute liegen EU-ETS-Zertifikate bei ≈76 €/t; steigt der Kurs bis 2030 auf 100 €/t, verdoppelt sich der Aufschlag, bei 150 €/t verdreifacht er sich – fossiles Heizen würde dann zusätzlich über 400 Euro bzw. über 600 Euro pro Jahr kosten. PV-Strom und Wärmepumpen bleiben von CO₂-Kosten komplett verschont – ein weiterer Grund, jetzt umzusteigen.

Was erneuerbare Energien Haushalten bieten

Die großen Zahlen der Märkte sind eindrucksvoll, doch wie profitiert ein einzelner Haushalt davon? Die Antwort: durch mehr Eigenversorgung mit Erneuerbaren. Konkret machen sich Verbraucherinnen und Verbraucher mit einer Photovoltaik-Anlage plus Batteriespeicher und Wärmepumpe weitgehend von den Schwankungen der fossilen Märkte unabhängig.

Beispiel Strom

Eine PV-Anlage auf dem Eigenheim liefert tagsüber Solarstrom zu Gestehungskosten von etwa 6 Cent/kWh. Zum Vergleich kostet der Strom aus dem Netz derzeit circa 35 Cent/kWh. Jede selbst verbrauchte Solar-Kilowattstunde spart also rund 29 Cent. Dieser Vorteil ist nicht durch äußere Krisen bedroht, solange die Sonne scheint. 

Mit einem Stromspeicher lässt sich der Eigenverbrauch deutlich steigern: Ohne Speicher kann ein typischer Haushalt etwa 25 bis 35 Prozent seines PV-Stroms selbst nutzen; mit Speicher sind bis zu 80 Prozent möglich. Der Haushalt macht sich damit zu großen Teilen unabhängig von den öffentlichen Stromtarifen und deren Preisrisiken. Ein intelligent ins Gesamtsystem integrierter dynamischer Stromtarif kann außerdem helfen, den verbleibenden Reststrombedarf primär durch günstigen Windstrom zu decken.

Autark und konstant günstig heizen mit einer Wärmepumpe

Noch deutlicher wird der Effekt beim Heizen mit einer Wärmepumpe. Eine Wärmepumpe wandelt 1 kWh Strom in etwa 3 bis 5 kWh Wärme um. Selbst wenn der Strom dafür aus dem Netz kommt, liegen die Heizkosten pro Kilowattstunde Wärme meist unter denen einer Gasheizung, die aus einer Kilowattstunde Gas weniger als eine Kilowattstunde Wärmeenergie erzeugt:

Ein Haushalt, der PV-Strom zum Betrieb der Wärmepumpe nutzt, profitiert doppelt: Er erzeugt seinen Heizstrom zu fixen Kosten und erhält aus jeder Kilowattstunde Strom ein Mehrfaches an Wärme. Die Heizkosten bleiben dadurch selbst im Winter moderat, sofern genügend eigener Strom bzw. Netzstrom aus erneuerbaren Quellen vorhanden ist. Damit macht er sich weitgehend unabhängig von Interessen der Öl- und Gasstaaten.