Rund 75 Prozent des Stroms in Deutschland werden nicht an der Strombörse, sondern am OTC-Markt gehandelt. Dort einigen sich Händler im direkten Kontakt über Preise, Lieferzeiten und Mengen. Wir erklären, wie der OTC-Markt funktioniert, welche Vor- und Nachteile im Handel entstehen und wie du dir Preissicherheit für deine Stromkosten verschaffst.
Was ist der OTC-Markt? Der OTC-Handel ist das Gegenstück zum Stromhandel an der Börse. Käufer und Verkäufer sind hier nicht von Börsenpreisen abhängig, sondern können frei individuelle Vereinbarungen treffen.
OTC vs. Börse für Strom: Der größte Teil des Stromhandels in Deutschland findet am OTC-Markt statt – nur etwa ein Viertel läuft über die Börse. Am OTC-Markt werden vor allem langfristige Geschäfte gemacht, hauptsächlich zwischen Stromerzeugern, Stromlieferanten und großen Industriekunden.
Vor- und Nachteile: Der OTC-Markt ist weniger reguliert als die Strombörse. Das erlaubt zum einen eine freiere Vertragsgestaltung, bringt zum anderen aber auch Unsicherheiten mit sich – zum Beispiel ein Ausfallrisiko. Als Privatperson bist du davon jedoch nur indirekt betroffen.
OTC-Markt für erneuerbare Energien: Der OTC-Markt wird bisher vom Handel mit Strom aus konventionellen Quellen dominiert. In Zukunft könnte sich das ändern, denn es bieten sich gute Möglichkeiten für die Finanzierung neuer Wind- und Solarparks. Das ist nicht nur gut für das Klima, sondern auch für die zukünftigen Strompreise.
„OTC“ steht für das englische „Over the counter“ und bedeutet etwa „über die Ladentheke“. Wenn du auf einem Wochenmarkt ein Kilo Äpfel kaufst und mit dem Händler einen Preis abstimmst, ist das bereits ein Handel „over the counter“. Niemand vermittelt zwischen euch, sondern ihr werdet euch zu zweit einig.
Üblicherweise spricht man vom OTC-Markt im Zusammenhang mit Trading: Du kannst Wertpapiere wie Aktien, Anleihen oder ETFs unter Umgehung der Börse handeln. Oft fallen dabei geringere Gebühren an. Ein weiterer Vorteil sind die Handelszeiten, die „over the counter“ in der Regel länger sind als an der Börse. Andererseits ist im Gegensatz zur Börse der OTC-Handel weniger reguliert und damit riskanter. Ohnehin ist der Zugang für Einzelpersonen nur über Banken oder Broker möglich – bisweilen auch nur mit einem bestimmten (großen) Vermögen.
Wir schauen uns hier aber den OTC-Markt für Strom an. Anders als beim Aktienhandel haben Privatpersonen dazu keinen Zugang – übrigens auch nicht (direkt) zur Strombörse. Die rund 75 Prozent des Stroms, die in Deutschland „over the counter“ gehandelt werden, beziehen sich auf Geschäfte zwischen Unternehmen, hauptsächlich Stromerzeugern und Stromlieferanten (die den Strom dann wiederum an Privatpersonen wie dich verkaufen). Auch große Industriekunden kaufen hier ihren benötigten Strom ein.
Zwischen Börse und dem OTC-Markt für Strom gibt es einige große Unterschiede. Vor allem ist die Strombörse stärker reguliert – Preise und Liefermengen müssen transparent veröffentlicht werden, und die Bedingungen für die Produkte sind für alle gleich. Käufer und Verkäufer treten auch nie direkt in Kontakt, sondern der Handel läuft anonym ab. Am OTC-Markt sieht das ganz anders aus.
Es sind vor allem große Industriekunden, Energieversorger und Direktvermarkter, die am OTC-Markt Strom einkaufen. Sie schließen dabei Verträge direkt mit den Energieerzeugern ab. Oft kennen sich die Geschäftspartner persönlich bzw. haben einander aktiv ausfindig gemacht. Teilweise laufen die Geschäfte aber auch über einen Broker, der die Vermittlung übernimmt.
Es gibt mehrere Wege, auf denen man am OTC-Markt handeln kann: über spezielle Online-Plattformen, mithilfe eines Broker-Unternehmens oder ganz klassisch per Telefon (in der Regel gefolgt von einem schriftlichen Vertrag, einem sogenannten Trading Agreement). Im Gegensatz zur Börse hat der OTC-Markt mehrere Besonderheiten:
Da die Partner einander kennen, besteht keine Anonymität.
Es gilt Vertragsfreiheit. Die Partner können also individuell verhandeln, welche Preise, Mengen und Lieferzeiten sie ansetzen wollen.
In aller Regel werden Sicherheiten vereinbart – ähnlich wie bei der Aufnahme eines Kredits. Auch Sicherheitsmargen werden mitunter auf die Preise geschlagen. Beides soll das Ausfallrisiko vermindern.
Standardisierte Produkte wie an der Börse gibt es nicht. Ein Stromerzeuger darf also mit verschiedenen Käufern komplett verschiedene Bedingungen aushandeln. Meist geht es um die Deckung der Grundlast und der Spitzenlast.
Es gibt, anders als an der Strombörse, keine Mindestmengen an Strom, die gekauft bzw. verkauft werden müssen.
Wie an der Börse existieren auch am OTC-Markt ein Terminmarkt (für langfristig geplante Stromlieferungen) und ein Spotmarkt (für kurzfristige Geschäfte). Verträge für einzelne Stunden sind aber die Ausnahme – meist geht es um große Mengen Strom über lange Lieferzeiträume.
Diese Unterschiede bringen Flexibilität, aber – sowohl für Käufer als auch für Verkäufer – auch ein erhöhtes Risiko mit sich. Schauen wir uns beides genauer an.
Das Kaufen und Verkaufen „over the counter“ bietet einige Vorteile – es hat schließlich Gründe, warum die größten Strommengen auf diesem Weg gehandelt werden:
Die flexible Vertragsgestaltung birgt Chancen. Faktoren, die an der Börse keine Rolle spielen, können in die Preisgestaltung einfließen – zum Beispiel der Ruf eines Unternehmens, Kundenbeziehungen oder sogar persönliche Sympathien.
Auf dem OTC-Markt werden keine Börsenentgelte oder Transaktionsgebühren fällig. Daher (und aufgrund des Verhandlungsspielraums) besteht die Möglichkeit, Kosten zu sparen. Dadurch kann beispielsweise ein Stromlieferant dir günstigere Strompreise anbieten.
Die Preise an der Strombörse unterliegen Schwankungen, von denen OTC-Preise zumindest theoretisch unabhängig sind. Somit können sich Unternehmen gegen Preisschwankungen absichern, indem sie langfristige Geschäfte abschließen.
Direktverträge können die Erzeuger unmittelbar unterstützen – das kommt oft insbesondere den erneuerbaren Energien – und damit auch dir – zugute. Das sehen wir uns gleich genauer an.
Prognosen, aber keine Sicherheit. Daher kann die individuelle Preisvereinbarung ein Vorteil oder Nachteil sein.
Dazu ein Beispiel:
Der Betreiber eines Kraftwerks schließt für das Jahr 2025 einen OTC-Vertrag mit einem Stromerzeuger ab. Er möchte eine bestimmte Menge Strom zu einem Preis von 50 Euro pro Megawattstunde verkaufen. Sein Vertragspartner, ein Stromlieferant, verpflichtet sich, diese Menge Strom zu genau diesem Preis zu kaufen.
Wenn der Strompreis im Jahr 2025 durchschnittlich auf 70 Euro pro Megawattstunde steigt, hat der Käufer einen Vorteil, denn er zahlt nur 50 Euro. Der Verkäufer ist im Nachteil.
Anders sieht es aus, wenn der Strompreis auf 30 Euro pro Megawattstunde fällt. Nun muss der Käufer mehr zahlen, als wenn er an der Strombörse gekauft hätte. Der Verkäufer freut sich.
Du siehst also: Der Handel bietet Sicherheit vor unerwarteten Preisentwicklungen – das kommt auch den Endverbrauchenden mit herkömmlichen Stromtarifen zugute. Wer zu einem günstigen Zeitpunkt einkauft, kann außerdem einen höheren Gewinn machen. Dennoch bleibt der Handel eine Spekulation.
Das Marktrisiko, das am OTC-Markt für die Händler besteht, hast du eben schon kennengelernt: Wer zum falschen Zeitpunkt teuer kauft, verliert Geld. Allerdings unterscheiden sich die ausgehandelten Preise meist nicht so sehr von den Börsenpreisen, denn dort herrschen ebenso Angebot und Nachfrage. Wer den Strom an der Strombörse viel teurer verkaufen (oder günstiger einkaufen) kann, wird schließlich logischerweise dorthin gehen.
Da im Gegensatz zur Börse der OTC-Markt weniger reguliert ist, setzt der OTC-Handel umso mehr Wissen und Marktkenntnisse voraus: Niemand bewahrt Käufer oder Verkäufer davor, Fehlentscheidungen zu treffen. Missverständnisse sind möglich, ebenso wie mangelnde Absicherung im Vertrag. Es gibt weniger Transparenz: Preise und Volumina kennen immer nur die beiden Vertragspartner. Dadurch ist es schwieriger, die Geschäftsbedingungen zu vergleichen.
Auch wenn der OTC-Markt weniger streng reguliert ist, gelten gewisse Regeln. Einige davon sind im Bürgerlichen Gesetzbuch festgelegt, zum Beispiel im Vertragsrecht.
Außerdem gibt es REMIT (Regulation on Wholesale Energy Market Integrity and Transparency), eine EU-weite Regelung, die Integrität und Transparenz am Energiegroßhandelsmarkt überwachen soll. Auf die Einhaltung achtet in Deutschland die Bundesnetzagentur. Auch am OTC-Markt kann man sich also nicht allen Verpflichtungen und Regeln entziehen.
Ein weiterer Risikofaktor ist das sogenannte Kontrahentenrisiko: Wenn du jemandem Geld leihst, die Person aber pleite geht, bekommst du dein Geld wahrscheinlich nicht zurück. Ebenso kann ein Unternehmen insolvent gehen oder aus anderen Gründen den Vertrag nicht erfüllen. Ein solches Risiko besteht trotz aller Absicherung immer.
Für dich als Privatperson sind diese Nachteile nur indirekt relevant. Zwar wird ein Händler, der einen schlechten Deal gemacht hat, versuchen, dennoch seine Kosten zu decken – notfalls auch über erhöhte Stromtarife. Je nach Vertragsmodell hast du aber einen bestimmten Strompreis zugesichert bekommen. Diesen muss dein Stromlieferant auch für die Dauer des Vertrags einhalten. Dennoch liegt es für die langfristig sichere und günstige Stromversorgung auch in deinem Interesse, dass am OTC-Markt fair gehandelt wird. Auch das ist ein wichtiges Ziel von REMIT.
Am OTC-Markt handeln bisher hauptsächlich die Betreiber großer, konventioneller Kraftwerke. Sogenannte Power Purchase Agreements (PPAs, „Stromkaufvereinbarungen“) unterstützen aber auch den Ausbau der erneuerbaren Energien. Da grüner Strom unterm Strich am günstigsten ist, dient das nicht nur der Umwelt, sondern uns allen. Somit betrifft die Entwicklung des OTC-Markts auch dich.
Wie hängen PPAs und erneuerbare Energien zusammen? Erneuerbare-Energien-Anlagen haben oft hohe einmalige Investitionskosten, sind aber günstig im Betrieb. Wenn es also gelingt, die Investitionskosten zu decken, können sie langfristig mit Gewinn betrieben werden. PPAs helfen dabei:
Die Betreiber der Anlagen schließen Verträge, die ihnen über Monate oder Jahre Einnahmen aus dem Stromverkauf sichern. Damit zahlen sie ihre Fixkosten ab.
Sogar neue Anlagen werden auf Basis von PPAs gebaut. Die zukünftigen Betreiber (und die kreditgebenden Banken) wissen dann mit recht großer Sicherheit, dass ihre Investition sich lohnen wird, und die Vertragspartner profitieren über lange Zeit von günstigen Stromlieferungen.
Für manche Erneuerbare-Energien-Anlagen laufen jetzt die EEG-Förderungen (Förderungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz) aus. Die PPAs können dann als eine Art Anschlussfinanzierung dienen.
Außerdem bietet der OTC-Markt kleineren Akteuren die Möglichkeit, direkt mit Verbrauchern oder Unternehmen zu handeln – hier können auch Betreiber kleinerer EE-Anlagen Fuß fassen. Das bedeutet mehr sauberen und günstigen Strom für uns alle.
Viele OTC-Geschäfte werden auch heute noch per Telefon getätigt. Digitale Plattformen setzen sich aber zunehmend durch und vereinheitlichen die Prozesse. Die Blockchain kommt mittlerweile ebenfalls zum Einsatz: Auf Basis der Blockchain-Technologie lassen sich Geschäfte nachvollziehbar und sicher abschließen, und es entstehen keine Transaktionskosten.
In Verbindung mit standardisierten OTC-Verträgen, wie zum Beispiel die Strombörse EEX (European Energy Exchange) sie bereitstellt, entstehen so mehr Transparenz und Sicherheit. Die Verträge sind keine Pflicht, kommen aber häufig als Vorlage zum Einsatz. Das macht den Einstieg für kleinere Unternehmen mit weniger Erfahrung einfacher.
Denkbar ist in Zukunft der zunehmende Einsatz von künstlicher Intelligenz bei der Preisfindung. Das ist derzeit eher für den Spotmarkt relevant, da dort die Preise kontinuierlich auf Basis zahlreicher Daten neu ermittelt werden. Doch auch bei langfristigen Prognosen, wie sie für den OTC-Markt interessant sind, könnte die KI unterstützen.
Außerdem ist das „Smart Grid“ in Planung – ein Stromnetz, das Stromflüsse intelligent steuern und auf die dafür notwendigen Daten in Echtzeit zugreifen kann. So passt sich die Nachfrage dem Angebot an, nicht – wie bisher – umgekehrt. Diese Entwicklung beeinflusst ebenfalls am ehesten den Preis am Spotmarkt, langfristig könnte sich dadurch aber auch der OTC-Markt verändern.
Ob OTC, an der Börse oder auf neuen Wegen, die wir derzeit noch nicht absehen können: Die Stromversorgung der Zukunft wird digitaler, dynamischer und flexibler – das ist allein schon für die sinnvolle Einbindung der erneuerbaren Energien notwendig. In gleichem Maße werden vermutlich die Strompreise dynamischer. Das ist gut für dich, wenn du deinen Stromverbrauch zeitlich steuern kannst, denn so profitierst du von günstigen Preisen in bestimmten Zeitfenstern.
Der einfachste Weg dorthin ist für Privatpersonen eine Photovoltaik-Anlage mit Speicher und dynamischem Stromtarif. Du erzeugst äußerst günstigen Strom und kannst zusätzlich benötigten Strom zu den besten Preisen kaufen (und speichern). Somit schaffst du dir ein großes Stück Unabhängigkeit von den Preisschwankungen, die sowohl am OTC-Markt als auch an der Strombörse auftreten. Lerne dafür jetzt 1KOMMA5° kennen.
¹ Voraussetzung zur Teilnahme an der Heartbeat-Preisgarantie ist neben dem Abschluss des Dynamic Pulse Stromliefervertrags der Betrieb eines von 1K5° unter der Marke 1K5° oder Enphase vertriebenen Batteriespeichersystems mit einer Batteriekapazität von mindestens 10 kWh und einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) mit einer Leistung von mindestens 10 kWp, die Installation und der Betrieb eines intelligenten Messsystems, die Installation von Heartbeat am Lieferort, Abschluss des Heartbeat Nutzungsvertrags, Abschluss des Energy Trader Vertrags (EUR 9,99 / Monat) und Einhaltung des sich aus dem Angebot ergebenden, individuell errechneten Solargestehungspreises.
Der Heartbeat-Preis ist der mit Heartbeat ermittelte Preis je kWh. Der Heartbeat-Preis wird wie folgt errechnet: (i) Kosten der Solarproduktion, welche sich aus den Investitionskosten für die PV- Anlage und der erzeugten Menge an solarer Energie zusammensetzen und wie sie sich aus der individuellen Ertragsprüfung laut Angebot für den Kunden ergeben, (ii) abzgl. der Einnahmen aus dem Verkauf von Strom bzw. der Einspeisevergütung, welche der Kunde im Garantiezeitraum erhält, gemäß Abrechnung des Netzbetreibers, (iii) zzgl. der Kosten für den durch Heartbeat AI optimierten Netzbezug von Strom, die aus dem durchschnittlich während des Garantiezeitraums bezahlten Arbeitspreis im Rahmen des Dynamic Pulse Tarifs errechnet werden, (iv) geteilt durch den im Abrechnungszeitraum ermittelten Gesamtverbrauch.
² Der mit der Heartbeat-Garantie garantierte Preis in Höhe von 10 ct/kWh gilt ausschließlich in Regionen, in denen der Sockelbetrag (Netzentgelte, Steuern, Abgaben und Umlagen) < 15,00 ct/ kWh ist. In Regionen mit einem Sockelbetrag zwischen 15,00 ct/kWh und 19,99 ct/kWh beträgt der mit der Heartbeat-Garantie garantierte Preis 12 ct/kWh. In Regionen mit einem Sockelbetrag > 20,00 ct/kWh beträgt der mit der Heartbeat-Garantie garantierte Preis 14 ct/kWh.
Die Heartbeat-Garantie endet während eines Garantiezeitraums, wenn aufgrund einer Änderung der Gesetzeslage die Zahlung der Einspeisevergütung für eine PV-Anlage insgesamt entfällt, oder aber in Zeiten entfällt, in denen die Strompreise am Spotmarkt negativ sind. In diesem Fall rechnet 1K5° die Heartbeat-Garantie bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Gesetzesänderung ab. Weitergehende Ansprüche bestehen nicht.
³ Basierend auf einer Auswertung der 1KOMMA5°-Kunden im Zeitraum vom Anfang Mai 2024 bis Ende August 2024, die unter folgendem Link zu finden ist: LINK. In den Herbst- und Wintermonaten ist mit einem Anstieg der Kosten zu rechnen.