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Was Ausgleichsenergie ist und wozu sie dient

Das Stromnetz ist ein komplexes, durchgeplantes Gebilde. Doch wenn Unvorhergesehenes geschieht, heißt es oft: Zeit für Plan B. Hier kommt in bestimmten Fällen die Ausgleichsenergie ins Spiel. Was genau sie ist und welche Rolle sie auf dem Strommarkt der Zukunft spielt, erfährst du in diesem Ratgeber.

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Das Wesentliche in Kürze

  • Häufiges Missverständnis: Ausgleichsenergie ist kein physischer Energiefluss, sondern ein Bilanzierungsbegriff im Strommarkt – eine bilanzielle Umlage von Abrufkosten für den Einsatz von Regelenergie. 

  • Komplexe Planung: In Deutschland sind sämtliche industriellen und kommerziellen Stromerzeuger und -verbraucher in Bilanzkreisen erfasst. Sie organisieren ihren In- und Output ins Stromnetz präzise in Fahrplänen. Privathaushalte sind nicht individuell erfasst, sondern Teil größerer Energieversorger-Systeme wie Stadtwerke oder Stromanbieter.

  • Bilanzielle Ungleichgewichte: Fahrplanabweichungen sind eine Belastung für die Netzstabilität und machen Regelmaßnahmen nötig. Die Übertragungsnetzbetreiber sanktionieren Abweichungen darum mit Ausgleichsenergiepreisen.

  • Zukünftiger Energiemarkt: Die steigende Anzahl dezentraler, nachhaltiger Energiequellen kann dazu beitragen, dass in Zukunft immer seltener Ausgleichsenergie nötig wird.

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Was ist Ausgleichsenergie?

Ausgleichsenergie ist ein bilanzielles Konzept: Der Begriff bezeichnet die Umlage von Abrufkosten für elektrische Regelenergie. Diese setzen die Übertragungsnetzbetreiber eines Landes ein, um Schwankungen zwischen Stromerzeugung und Stromverbrauch im Netz auszugleichen und die Netzstabilität zu gewährleisten. Kurz: Regelenergie ist der tatsächlich fließende Strom, Ausgleichsenergie ist die im Nachhinein erstellte Bilanz darüber, wie viel Regelenergie geflossen ist.

Regelenergie als Energie für den Ausgleich im Stromnetz wird bei Bedarf zu- oder auch abgeführt, damit das Netz stets im Gleichgewicht bleibt, also eine Netzfrequenz von exakt 50 Hertz aufweist. Die Ausgleichsenergie ist das bilanzielle Pendant dazu. 

Gut zu wissen: Was ist die Netzfrequenz?

Unser riesiges, ganz Europa umfassendes Stromnetz ist im Grunde ein ziemlich zartbesaitetes Geflecht. Nur ein bisschen zu viel oder zu wenig Spannung, nur eine etwas zu hohe oder zu niedrige Netzfrequenz, und kein elektrisches Gerät funktioniert mehr richtig. 50 Hertz sind der Sweetspot, den die Netzbetreiber vom norwegischen Hammerfest bis nach Aralik im tiefsten Südosten der Türkei zu jeder Zeit aufrechterhalten müssen. Ein Konstrukt von fast unvorstellbarer Komplexität, das trotzdem fast immer reibungslos funktioniert.

Das Fahrplanmanagement für Strom

Um das Stromnetz stabil zu halten, ist eine penible Planung nötig. Einfach gesagt: Die Verbraucher müssen zu jeder Zeit immer exakt so viel Strom aus dem Netz entnehmen, wie die Erzeuger einspeisen – ansonsten steigt (oder fällt) die Netzspannung und damit die Netzfrequenz.

Bei dieser Planung von Erzeugung und Verbrauch spricht man von Fahrplänen, welche die Verantwortlichen immer einen Tag im Voraus und viertelstundengenau prognostizieren müssen. Ein Fahrplan im Stromnetz ist eine detaillierte Prognose darüber, wie viel Strom ein Marktakteur zu bestimmten Zeitpunkten in das Netz einspeisen oder daraus entnehmen wird. Marktakteure im herkömmlichen Sinn sind Energieversorger, Kraftwerke oder auch Großverbraucher wie Industrieunternehmen. Ihre Prognosen gliedern sie, basierend auf dem erwarteten Verbrauch oder der erwarteten Erzeugung, in Viertelstundenblöcke und melden sie an die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB).

Im Zentrum aller Ströme: die ÜNB

Bei den Übertragungsnetzbetreibern liegt die Verantwortung für die Bereitstellung der Regelenergie und die Steuerung der Ausgleichsenergie. Sie sind zentrale Akteure im Stromnetz, denn sie koordinieren die Balance zwischen Erzeugung und Verbrauch auf nationaler und internationaler Ebene. Da das europäische Stromnetz stark, nun ja, vernetzt ist, arbeiten die ÜNB länderübergreifend zusammen. In Deutschland sind das die Unternehmen TenneT, Amprion, 50Hertz und TransnetBW.

Die ÜNB überwachen in Echtzeit, ob die Netzfrequenz exakt 50 Hertz beträgt, und erkennen sofort, wenn es Ungleichgewichte gibt. Bei Bedarf aktivieren sie die Anbieter von Regelenergie, um das Gleichgewicht im Netz wiederherzustellen. Das kann zum Beispiel durch Hoch- oder Herunterfahren von Energieerzeugern oder durch die gezielte Steuerung von Verbrauchern geschehen.

Ausgleichsenergie sorgt für finanzielles Gleichgewicht zwischen Bilanzkreisen

Alle Marktakteure sind in sogenannten Bilanzkreisen erfasst. Das sind virtuelle Stromkonten. Zu einem einzelnen Bilanzkreis können je nach Größe mehrere Akteure gehören. Jeder Kreis benennt eine bilanzkreisverantwortliche Person (BKV). Sie verwaltet ihren Zuständigkeitsbereich und ist dafür verantwortlich, dass die gemeldeten Fahrpläne so genau wie möglich eingehalten werden.

Die Übertragungsnetzbetreiber vergleichen die gemeldeten Fahrpläne mit den tatsächlichen Einspeisungen und Entnahmen im Netz. Weicht ein Fahrplan von der produzierten oder entnommenen Strommenge ab, entsteht ein physikalisches Ungleichgewicht im Netz. Und das korrigieren die ÜNB durch die sogenannte Regelenergie (auch Regelleistung genannt).

Das ist aber erst dann nötig, wenn es am Ende einer Bilanzviertelstunde wirklich zu einer Fahrplanabweichung kommt – oft können die Akteure innerhalb eines Bilanzkreises kurzzeitige Unter- oder Überversorgungen selbst ausgleichen. 

Kommt es allerdings doch zu einer Abweichung, haftet die bilanzkreisverantwortliche Person für die nötige Regelenergie. Genauer gesagt, sie haftet für die bilanzielle Differenz im Stromkonto: die Ausgleichsenergie. Hier kommt dann der „reBAP“ ins Spiel – quasi das Preisschild an der Ausgleichsenergie.

Der Ausgleichsenergiepreis (reBAP): Wer zahlt für Ungleichgewichte?

reBAP bedeutet – kurz Luft holen – regelzonenbezogener einheitlicher Bilanzkreisabweichungspreis. Das ist der Preis, den Bilanzkreisverantwortliche für ihre Fahrplanabweichungen zahlen müssen. Er spiegelt die Kosten wider, die durch den Einsatz von Regelenergie entstehen. Denn von irgendwoher muss die fehlende Energie ja kommen (beziehungsweise irgendwohin muss die überschüssige  Energie fließen), und das verursacht Kosten.

Stell dir das so vor: Du trägst zusammen mit einer anderen Person einen schweren Umzugskarton. Mit eurer Energie leistet ihr beide euren Teil, um den Karton so zu halten, dass er euch nicht herunterkracht. Plötzlich macht die andere Person aber schlapp und lässt kurz los. Du musst also mehr Energie aufwenden, um den Karton allein oben zu halten. Die andere Person fasst danach gleich wieder mit an, aber du hattest kurzzeitig einen Mehraufwand, und der kostete mehr Kraft. In der Energiewirtschaft entspricht dieser Mehraufwand an Kraft, um das Stromnetz im Gleichgewicht zu halten, der Regelleistung. Diese bereitzustellen, kostet Ressourcen und Geld – und das möchten die „Helfer in der Not“ wieder vergütet bekommen.

Wie die Berechnung der Ausgleichsenergiepreise funktioniert

Die ÜNB stellen die Kosten für den Einsatz von Regelenergie (also den reBAP) den verursachenden Bilanzkreisen als Ausgleichsenergiekosten in Rechnung, und zwar für jede Viertelstunde. Der reBAP basiert auf den tatsächlichen Kosten für den Einsatz von Regelenergie in der jeweiligen Regelzone. Er kann positiv (bei einem Stromdefizit) oder negativ (bei einem Stromüberschuss) sein:

  • Wenn ein Bilanzkreis mehr Strom ins Netz einspeist als geplant, erhält der Bilanzkreisverantwortliche eine Vergütung zum aktuellen Ausgleichsenergiepreis.

  • Wenn ein Bilanzkreis weniger Strom einspeist oder mehr verbraucht als geplant, muss der Bilanzkreisverantwortliche den fehlenden Strom zum aktuellen Ausgleichsenergiepreis bezahlen.

Die Preise sind dynamisch und abhängig von den Marktbedingungen sowie den Kosten für Regelenergie. In Zeiten hoher Nachfrage nach Regelenergie (z. B. bei einem plötzlichen Kraftwerksausfall) können die Preise stark steigen. Bei einem Überangebot im Netz können die Preise negativ werden, was bedeutet, dass Bilanzkreisverantwortliche für ihren Stromüberschuss Geld erhalten.

Warum Ausgleichsenergiepreise wichtig sind

Die Ausgleichsenergiepreise setzen einen finanziellen Anreiz für Bilanzkreisverantwortliche, ihre Fahrpläne möglichst genau zu erstellen. Je genauer die Planung, desto weniger Kosten entstehen durch Abweichungen. Verursacher von Ungleichgewichten im Netz hingegen müssen die entstehenden Kosten tragen.

Das System belohnt Marktteilnehmer, die präzise planen und das Netz stabil halten.

Das Stromnetz bleibt ausgeglichen, da alle Akteure ein finanzielles Interesse daran haben, Abweichungen zu minimieren.

Gut zu wissen

Von woher kommt (und wohin geht) Regelenergie?

Die Energie für den Ausgleich von Über- oder Unterspeisungen im Stromnetz stammt aus vielen verschiedenen Quellen. Zu den Hauptakteuren gehören flexibel regelbare Kraftwerke wie Pumpspeicherkraftwerke, zudem Gas-, Biomasse- und Kohlekraftwerke. Auch große Industrieunternehmen passen ihren Verbrauch kurzfristig an (das nennt man Lastmanagement). Außerdem speichern und liefern große Batterie-Speicherfarmen Strom. Wenn in Nachbarländern Bedarf besteht, wird überschüssige Energie über Interkonnektoren dorthin exportiert. Eine zunehmend wichtige Rolle für den Strommarkt der Zukunft spielen Privathaushalte. Du kannst schon heute über dynamische Tarife und smarte Geräte dazu beitragen, dass deine Haushaltsverbraucher (etwa Elektroautos oder Wärmepumpen) Teil des Lastmanagements werden.

Warum ist es wichtig, die Netzfrequenz ständig auszugleichen?

Stell dir das Stromnetz wie eine riesige Waage vor: Auf der einen Seite stehen alle Kraftwerke, die Strom erzeugen – von ihnen geht der Strom ins Netz hinein. Auf der anderen Seite stehen alle Fabriken, Anlagen, Infrastrukturen, Häuser und kleine Toaster, die den Strom verbrauchen – sie nehmen den Strom aus dem Netz heraus. Diese Netzfrequenz-Waage muss immer im Gleichgewicht bleiben, sonst gibt’s Chaos. Unsere elektrischen Geräte sind auf die Frequenz von 50 Hertz ausgelegt. Zu viel Strom? Das Netz wird überlastet und unschuldige Toaster überhitzen. Zu wenig? Stromausfälle drohen und niemand bekommt knusprige Brote.

Strom kann in diesem Netz nicht einfach in der Leitung „warten“, bis er gebraucht wird, er darf auch nicht etwas zusammenrücken, wenn mal mehr Energie als vorgesehen ins Netz geht. Was an einer Stelle reingeht, muss im gleichen Augenblick an anderer Stelle direkt verbraucht werden.

Genau hier kommt die Regelenergie ins Spiel: Sie ist wie die kleinen Tafelgewichte, mit denen du Schieflagen einer Waage korrigierst, bis sie wieder im Gleichgewicht ist. Wenn plötzlich weniger Strom verbraucht wird als erwartet, muss weniger Strom ins Netz gepumpt werden. Umgekehrt gilt: Wenn der Verbrauch unerwartet steigt, wird zusätzliche Energie eingespeist.

Warum schwanken die Netzspannung und -frequenz überhaupt?

Das passiert zum Beispiel, wenn das Wetter mal wieder andere Pläne als die Vorhersage hat und eine Windkraftanlage aufgrund auffrischenden Windes mehr Strom produziert, als prognostiziert wurde. Bei zu hoher Einspeisung würden Netzspannung und -frequenz ansteigen. Die Elektronen werden dazu „gedrängt“, schneller zu fließen, was zu einer erhöhten Spannung führt. Die Netzfrequenz könnte dadurch über 50 Hertz steigen, was das gesamte Netz destabilisieren und Geräte beschädigen könnte, weil sie mehr Spannung erhalten, als sie verkraften. Und ebenso können die Spannung und Frequenz sinken, wenn etwa ein großes Kraftwerk plötzlich ausfällt.

Ausgleichsenergie auf dem Strommarkt der Zukunft

Traditionell stellten große Kraftwerke fast die gesamte elektrische Energie eines Landes bereit. Doch der Anteil an erneuerbarer Energie, die überall im Land verteilt produziert wird, wächst stetig. Ob riesige Solarparks auf Weiden, Offshore-Windkraftanlagen in der Nordsee oder auch private Photovoltaik-Anlagen mit Batteriespeicher in Einfamilienhäusern: Von immer mehr Eintrittspunkten aus fließt nachhaltige Energie in den Strommix ein.

Das bringt einige Herausforderungen mit sich:

Erneuerbare Energien wie Wind und Solar liefern Strom, der stark von Wetterbedingungen abhängt. Diese Volatilität erschwert die exakte Prognose und führt zu häufigeren Abweichungen zwischen geplanten und tatsächlichen Einspeisungen. Mehr Schwankungen im Netz führen zu einem höheren Bedarf an Regel- und Ausgleichsenergie.

Die wachsende Anzahl kleiner, dezentraler Energiequellen und Speicher muss in die Bilanzierung integriert werden, was den administrativen und technischen Aufwand erhöht. Das erfordert hochentwickelte digitale Plattformen und präzise Datenverarbeitung.

Mit der Elektrifizierung neuer Sektoren (z. B. Elektromobilität oder Wärmepumpen) entstehen auch neue Verbrauchsspitzen, die noch schwer zu prognostizieren sind.

In Zukunft werden darum virtuelle Kraftwerke eine immer größere Rolle für die nationale und internationale Energiewirtschaft spielen. Ein virtuelles Kraftwerk ist ein Zusammenschluss vieler dezentraler Energiequellen, Verbraucher und Speicher, koordiniert durch eine digitale Plattform. 

Virtuelle Kraftwerke nutzen KI-Algorithmen und Big Data, um Prognosen für die Erzeugung und den Verbrauch zu verbessern. Dadurch sind Bilanzkreis-Fahrpläne präziser erstellbar. Denn virtuelle Kraftwerke steuern die dezentralen Akteure so, dass sie gemeinsam wie ein großes Kraftwerk agieren. Sie sind in der Lage, flexibel auf Schwankungen im Stromnetz zu reagieren – Abweichungen innerhalb eines Bilanzkreises gleichen sie schnell aus, ohne dass externe Regelenergie aktiviert werden müsste. Und wenn der Bedarf an zentral bereitgestellter Regelenergie durch die ÜNB sinkt, spart das Ausgleichsenergiekosten und erhöht die Effizienz des Gesamtsystems.

Mit 1KOMMA5° jetzt schon Teil des Strommarkts der Zukunft werden

Als Teil eines virtuellen Kraftwerks bist du aktiv in die Stabilisierung des Stromnetzes eingebunden. Zum Beispiel lädt dein Elektroauto bei Stromüberschuss, wenn die Energie sehr günstig ist. Die Wärmepumpe bedient sich bei Netzengpässen aus deinem eigenen Speicher. Dafür nutzt du keinen statischen (und immer gleich teuren) Stromtarif, sondern einen dynamischen. Bei 1KOMMA5° heißt er Dynamic Pulse. Unsere Heartbeat AI steuert dabei alle Prozesse, sodass du immer zu den günstigsten Zeiten Netzstrom beziehst.

Auch wenn es in Deutschland noch nicht ganz so weit ist, wirst du auf diese Weise Teil eines Smart Grids. Im zukünftigen Smart Grid vernetzen virtuelle Kraftwerke Erzeuger, Verbraucher und Speicher besonders effizient. Sie ermöglichen eine bessere Abstimmung zwischen Angebot und Nachfrage, was bilanzielle Ungleichgewichte reduziert.

Noch smarter – bzw. künftig im Einklang mit dem Smart Grid – arbeiten KI-gesteuerte Energiemanagementsysteme, zum Beispiel Heartbeat AI von 1KOMMA5°. Sie lernen aus deinen Verbrauchsmustern und wissen dadurch, wann du besonders viel oder wenig Strom benötigst. Heartbeat AI bezieht Daten wie Wetterprognosen und Strombörsenpreise in die Berechnungen ein. So passt sich dein dynamischer Strombezug optimal an die Netzsituation an.

Artikel aus unserem 1KOMMA5° Magazin: